Der Ursprung aller Hausrinder
Der Auerochse oder Ur (Bos primigenius) ist der
Stammvater aller Hausrinder. Einst waren diese
Wildrinder über weite Teile Europas verbreitet. Bereits
in der Steinzeit war der Ur ein begehrtes Jagdtier und
wurde etwa im 6. Jahrhundert v. Chr. domestiziert.
Vom Menschen gejagt und seines Lebensraumes
beraubt, starb er vor mehr als 300 Jahren aus. Der
letzte Auerochse wurde in Polen 1627 getötet.
Zwanzigtausend Jahre alte Höhlenzeichnungen aus
Frankreich und Spanien geben noch heute wertvolle
Information zum Aussehen der Tiere. Die für die
Rekonstruktion des ausgestorbenen Auerochsen
wichtigsten Belege sind aber fossile Skelettreste. Der
wohl berümteste Fund wurde auf Anweisung von
Goethe Anfang des 19. Jahrhunderts in Thüringen
geborgen. Das ca. 6000 Jahre alte und fast vollständig
erhaltene Skelett eines alten Stieres steht heute im
Phyletischen Museum in Jena. Wissenschaftler haben
die Größe des Tieres, gemessen von den Klauen bis
zum oberen Ende des Schulterblattes (der so ge-
nannten Widerristhöhe), auf ca. 160 cm rekonstruiert.
Rückzüchtung durch Selektion
Alle heute lebenden Hausrinder stammen von diesem
wilden Vorfahren ab. In den 20er Jahren des vorigen
Jahrhunderts unternahmen deshalb die Brüder Heinz
und Lutz Heck Versuche, aus züchterisch wenig
veränderten Hausrindrassen ein Rind zu züchten, das
dem Auerochsen ähnelt (”Abbildzüchtung”). Nach
relativ wenigen Jahren gelang es, dieses Ziel in einem
verblüffenden Maße zu erreichen.
Trotzdem sind die so genannten Heckrinder mit ca.
142 cm Widerristhöhe bei den Stieren noch relativ
klein, haben kurze Beine und entsprechen in vielen
weiteren Merkmalen, wie Hörner, Euter, Verhältnis der
Größe zwischen männlichen und weiblichen Tieren,
noch nicht ganz dem Vorbild.
Im Zuchtprogramm Taurus wird der Versuch der
Gebrüder Heck fortgeführt. Aus diesem stammen auch
die im “Odenbachtal” im LSG “Wallhalbtal / Schauer-
bachtal” angesiedelten Tiere. Durch die Einkreuzung
von sehr großen Rinderrassen, vorwiegend aus Italien
und Spanien, wird versucht, noch näher an den alten
Auerochsen heranzukommen. So wurde z.B. die Rasse
Sayagueza aus Spanien eingekreuzt, ein bis zu 165 cm
Widerristhöhe bei Stieren erreichendes Rind, das in Fell-
färbung und Hornform den Auerochsen recht nah
kommt. Das spanische Lidia-Kampfrind findet durch
seine speziellen Merkmale wie dem schlanken Körper-
bau, der “idealen Hornform” sowie einem ausgeprägten
eleganten Bewegungsablauf im Zuchtprogramm
Verwendung.
Eine robuste Rasse für ganzjährige
Freilandhaltung
Wenn auch das Erscheinungsbild des Heckrindes noch
nicht ganz dem Vorbild des Auerochsen gleicht, so sind
sie wie ihre wilden Vorfahren doch ausgesprochen
robuste Tiere und eignen sich hervorragend für die
ganzjährige Haltung im Freien. Stiere, Kühe und Kälber
leben im Herdenverband auf Großkoppeln. In der Regel
reicht für die Eingrenzung der Fläche ein normaler
Weidezaun aus, da die Tiere ruhig und ausgeglichen
sind. Sofern ein natürlicher Windschutz durch Hecken
oder Wald vorhanden ist, könnte auf einen Unterstand
verzichtet werden, trotzdem wird den Tieren hier im
Odenbachtal ein Unterstand angeboten. Dieser bietet
zudem Möglichkeit die Heuballen trocken zu lagern.
Im Winter wird nur bei länger anhaltender Schneedecke
zugefüttert. Kälber werden selbst bei Minusgraden
erfolgreich geboren und aufgezogen.
Insbesondere in Gebieten, die durch Bodennässe, Kälte
und karge Nahrungsgrundlage besondere Anforder-
ungen an die Rinderhaltung stellen, haben sich die
Heckrinder bewährt.
Aber auch Hitze wird erstaunlich gut vertragen.
Sie sind damit ideale Partner für die Landschaftspflege.
Die Beweidung trägt wesentlich zur Erhaltung der
Kulturlandschaft bei und unterstützt damit den Arten-
und Biotopschutz. Zahlreiche gefährdete Tier- und
Pflanzenarten sind auf diese extensive Beweidung, die
der Offenhaltung des "Odenbachtales" dient, angewiesen.